Teufelskreis Juckreiz: Was tun wenn die Haut juckt?

Wenn die Haut ständig juckt, wird kaum jemand auf Dauer den Drang zum Kratzen unterdrücken können. Kratzen ist ein Reflex, der nicht abgestellt werden kann. Doch er verschafft nur kurzzeitige Linderung. Langfristig schädigt das Kratzen die Haut und verursacht weitere Juckreizattacken.

Ursachen für Juckreiz

Eine über die Haut krabbelnde Fliege, die Spuren von Brennnesseln, Insektenstiche, Infektionskrankheiten wie Wind pocken oder Röteln sowie zahlreiche Hauterkrankungen und allergische Reaktionen haben alle eines gemeinsam: Wir können diese Geschehnisse kaum ignorieren, denn unsere Haut beginnt zu jucken. Mal spüren wir es eher als ein Stechen, mal als ein Brennen oder ein leichtes Kribbeln, doch unweigerlich versuchen wir, diese Empfindung durch Kratzen zu überdecken.

Allerdings lässt sich mit unserem Kratzen, Scheuern, Rubbeln, Reiben oder Drücken der Haut die Juckwahrnehmung nur kurzfristig unterdrücken. Vielmehr starten wir einen Teufelskreis. Denn je häufiger man sich auf diese Weise Linderung verschafft, umso stärker wird die Haut gereizt, möglicherweise sogar geschädigt. Nicht selten kommt es zu Entzündungen. Dies fördert wiederum den Juckreiz und damit das fortgesetzte Kratzen.

Warum juckt unsere Haut?

Unsere Haut besitzt zahlreiche Sinneszellen, die verschiedene Reize wahrnehmen, verarbeiten und weiterleiten können. Das Juckempfi nden entsteht durch solch einen Reiz. Dieser kann entweder physikalisch-mechanischen Ursprungs sein, wie zum Beispiel der direkte Hautkontakt mit der krabbelnden Fliege oder rauer Kleidung, oder er kann chemisch-molekulare Ursachen haben und wird durch die Freisetzung eines chemischen Botenstoffes ausgelöst. Die Sinneszellen empfangen den Reiz und wandeln ihn in Signale um, die dann über Nervenfasern in das Rückenmark zum Gehirn weitergeleitet und dort ausgewertet werden.

Juckreiz durch geschädigte Haut

  • Neurodermitis
  • allergisches Kontaktekzem
  • allergische Hautausschläge, z. B. durch Arzneimittel, bestimmte Nahrungsmittel
  • Nesselsucht (Urtikaria)
  • Infektionserkrankungen, z. B. Windpocken, Röteln, Masern
  • Insektenstiche
  • Parasitenbefall, z. B. Flöhe, Läuse, Milben
  • geschädigte und stark belastete Haut, die extrem trocken ist
  • Juckreiz ohne erkennbare Hautveränderung:
  • Stoffwechselstörungen, z. B. Diabetes, Nierenfunktionsstörungen, Lebererkrankungen
  • Krebserkrankungen
  • Durchblutungsstörungen
  • Juckreizverstärkende Faktoren:
  • Hauttrockenheit
  • Stress, psychische Anspannung
  • Umweltallergene
  • Schweiß
  • hohe Raumtemperatur
  • enge, hautreizende Kleidung
  • heiße Getränke, scharf gewürzte Speisen, Alkohol

Die Bedeutung von Histamin

Der wichtigste für den Juckreiz verantwortliche chemische Botenstoff ist das Histamin. Sein juckreizauslösender Effekt zeigt sich unter anderem sehr deutlich bei der Berührung von Brennnesseln oder auch nach einem Insektenstich. Sowohl Insekten- als auch Pflanzengifte enthalten Histamin, das die Sinneszellen stimuliert und den beschriebenen Juckreizmechanismus in Gang setzt.

Histamin dringt jedoch nicht nur von außen in die Haut ein, vielmehr wird in der Haut selbst Histamin gespeichert. Speicherort sind bestimmte Zellen des Immunsystems, die Mastzellen. Mastzellen sind wichtige Schaltstellen bei der körpereigenen Abwehr gegen gefährliche und vermeintlich gefährliche Fremdstoffe. Sie werden beispielsweise im Verlauf einer allergischen Reaktion aktiviert, platzen regelrecht auf und setzen dabei unter anderem Histamin frei. Die Folge: Juckreiz.

Diagnose

Ist der Juckreiz auf eine Hauterkrankung zurückzuführen, so lässt sich diese oftmals am Erscheinungsbild der Haut erkennen, die zusätzliche Entzündungszeichen wie Rötung, Quaddelbildung oder Schuppung aufweist. Es können aber auch innere Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes, Stoffwechsel- oder Nierenfunktionsstörungen Auslöser von Juckreiz sein. Um dies abzuklären, wird der Arzt eine umfangreiche Diagnose durchführen. Liegt keine offensichtliche Hauterkrankung vor, lassen sich mittels Blutuntersuchungen zum Beispiel Leber-, Nieren- und Blutzuckerwerte überprüfen. Bei Verdacht auf eine allergische Reaktion können verschiedene Allergietests Klarheit bringen.

Therapie

Kindern fällt es besonders schwer, das Kratzbedürfnis zu unterdrücken. Sorgen Sie für Ablenkung und Beschäftigung der Finger.

Eine einheitliche Therapie gegen Juckreiz gibt es nicht, da sich die Behandlung nach der zugrundeliegenden Erkrankung richtet. Begleitend können jedoch verschiedene medizinische Mittel sowie Verhaltensstrategien zur Linderung des Juckreizes beitragen (siehe Kasten). Zeigen diese Maßnahmen keinen Erfolg, kommen zunächst medizinische Salben und Cremes zur äußeren Anwendung. Diese können die Entzündung stoppen und damit den Juckreiz eindämmen.

Außerdem sollen sie den Fett-Schutzfilm der meist trockenen oder schuppenden Haut erhöhen und damit ebenfalls schmerzlindernd wirken. Ist die Haut deutlich trocken, so tut man ihr beispielsweise mit harnstoffhaltigen Salben Gutes. Harnstoff unterstützt die Haut in ihrer Fähigkeit, Wasser zu speichern, und macht sie dadurch elastischer und widerstandsfähiger. Cremes und Lotionen mit Menthol, Kampfer oder Gerbstoffen helfen ebenfalls, den Juckreiz kurzfristig zu lindern.

Ein stark entzündungshemmender Wirkstoff, der in Cremes oder Salben eingearbeitet werden kann, ist Kortison. Kortisonhaltige Präparate werden in akuten und heftigen Entzündungsund Juckreizphasen verabreicht, da sie schnell eine Linderung herbeiführen. Allerdings kann es bei lang andauernder oder falscher Anwendung zu Nebenwirkungen kommen. Deshalb sollten diese Salben und Cremes nur nach ärztlicher Rücksprache angewendet werden.

Nicht bei jeder Hauterkrankung reicht eine äußerliche Therapie, um die quälenden Juckreizattacken zu lindern. Für diese Fälle stehen verschiedene Medikamente zur inneren Therapie zur Verfügung. So beispielsweise Antihistaminika, die die Wirkung des Histamins hemmen oder seine Freisetzung aus der Mastzelle blockieren. Bei akut juckenden Hauterkrankungen und sehr schweren Formen der Neurodermitis werden über einen begrenzten Zeitraum auch Kortisonpräparate zur inneren Therapie eingesetzt.

Das A und O: Hautpflege

Die juckende und gereizte Haut braucht auf jeden Fall eine besondere Pfl ege. Bei starken Juckattacken helfen Cremes und Lotionen, die Kühlung und zugleich viel Feuchtigkeit bieten. Sind die Hauterscheinungen abgeklungen, ist die Haut meist sehr trocken und rau. In dieser Phase muss sie mit stark fetthaltigen Cremes und Salben gepflegt werden, um sie vor einem weiteren Austrocknen zu schützen.

Strategien gegen Juckreiz

  • Vermeiden Sie Faktoren, die die Hauttrockenheit fördern, z. B. trockenes Klima, Hitze, häufiges Waschen und Baden.
  • Vermeiden Sie den Kontakt mit irritierenden Stoffen oder Substanzen.
  • Vermeiden Sie heiße und stark gewürzte Speisen, größere Mengen von heißen Getränken und Alkohol.
  • Vermeiden Sie Aufregung und Stress.
  • Verwenden Sie zur Körperreinigung milde, nichtalkalische Seifen, rückfettende Waschsyndets oder Dusch- und Badeöle. Waschen Sie sich mit lauwarmem Wasser. Die Badezeit sollte maximal 20 Minuten betragen.
  • Cremen Sie die Haut nach dem Duschen/ Baden sofort ein.
  • Bei Vorliegen von Dermatosen: Tupfen Sie den Körper ohne starkes Reiben, da sonst die bereits vorgeschädigte Haut noch stärker verletzt und abgelöst wird.
  • Tragen Sie weiche, luftige Kleidung z. B. aus Baumwolle (keine Wolle, keine synthetischen Materialien).
  • Zur kurzfristigen Juckreizlinderung oder bei nächtlichen Juckattacken helfen Cremes/Lotionen mit Harnstoff, Kampfer, Menthol, Polidocanol, Gerbstoff, feuchte oder kühlende Umschläge, kühles Duschen, Schwarzteeumschläge.
  • Versuchen Sie, nicht zu kratzen. Besser: drücken, streicheln, reiben oder klopfen.
  • Bei Kindern ist die Ermahnung, nicht zu kratzen, sinnlos. Besser ist es, sie abzulenken, z. B. durch Beschäftigung der Hände mit Spielzeug, Entspannung durch Vorlesen, Abreagieren durch Bewegung und Sport.
Anton Wilder