Rauchfrei durch Schwangerschaft und Stillzeit

„Die erste Zigarette habe ich mir morgens auf dem Weg zur Arbeit im Auto angezündet, zwischendurch gab es die obligatorischen Raucherpausen mit den anderen Kollegen auf der Raucherveranda, und zum Kaffee nach dem Essen, zum Feierabendbier oder -wein gehörten Zigaretten auch ganz selbstverständlich dazu. Auf zehn bis zwölf Zigaretten pro Tag bin ich locker gekommen“, erzählt Tine. „Natürlich wusste ich, dass ich mir und auch meiner Umwelt damit keinen Gefallen tue, aber die Notwendigkeit, mich von der lieben Gewohnheit zu verabschieden, wollte ich nicht sehen.“

Vor etwas mehr als einem Jahr hat sich Tines Einstellung dazu auf einen Schlag verändert. Sie war schwanger. „Plötzlich geht es darum, nicht mehr allein für mich, sondern auch für unser Kind Verantwortung zu übernehmen – für mich war damit ganz klar, ich muss versuchen, mit dem Rauchen aufzuhören.“

So wie bei Tine ist für viele Frauen die Schwangerschaft ein Anlass, ihre Lebensweise und ihr Gesundheitsverhalten zu überdenken. Tatsächlich schaffen es auch viele Frauen in den ersten Monaten der Schwangerschaft, ganz auf das Rauchen zu verzichten oder zumindest den Zigarettenkonsum deutlich einzuschränken. Schätzungsweise 18 bis 25 Prozent der Schwangeren rauchen allerdings noch zum Zeitpunkt der Geburt. Das bedeutet, in Deutschland werden über 170.000 ungeborene Kinder bereits im Mutterleib den Schadstoffen des Tabakrauches ausgesetzt. Mehrere tausend zum Teil hochgiftige und krebserregende Substanzen, die beim Rauchen aufgenommen werden, schaden nicht nur der Gesundheit der Raucherin, sondern beeinträchtigen auch die Entwicklung des Kindes. So gefährden beispielsweise Nikotin und Kohlenmonoxid seine Nährstoff- und Sauerstoffversorgung.

Aufhören lohnt sich

Erhöhtes Risiko für Verhaltensauffälligkeiten

Ein Forschungsteam aus Amerika und England hat Hinweise dafür gefunden, dass Kinder, die im Mutterleib dem Tabakrauch ihrer Mütter ausgesetzt waren, vermehrt zu Hyperaktivität oder Aufmerksamkeitsdefiziten neigen. Dafür wurden mehr als 14.000 Mutter-Kind-Paare untersucht. Die Mütter füllten einen Fragebogen zu den Stärken und Schwächen ihrer Kinder aus. Anschließend setzten die Wissenschaftler diese Angaben in Beziehung zum Rauchverhalten der Mütter.

Die Ergebnisse zeigen: Mütter, die während der Schwangerschaft (wenige) Zigaretten geraucht haben, berichteten deutlich häufiger über eine Hyperaktivität oder ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) ihrer dreijährigen Söhne. Gegenüber Frauen, die als Schwangere nicht zur Zigarette gegriffen haben, war die Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Störungen um 44 Prozent erhöht. Bei starken Raucherinnen stieg diese Wahrscheinlichkeit sogar auf 80 Prozent. Bei Töchtern, ebenfalls im Alter von drei Jahren, zeigten sich ebenfalls häufiger Verhaltensauffälligkeiten. Allerdings konnten keine Zusammenhänge zu den konkreten Störungen Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom nachgewiesen werden.

Es wird vermutet, dass Rauchen in der Schwangerschaft die Hirnentwicklung des Embryos beeinträchtigt. Kein Wunder: Schließlich enthält Tabakrauch über 4.000 Giftstoffe, von denen viele in das Hirn des ungeborenen Kindes dringen können.

Jeder, der es schon einmal versucht hat, weiß, wie schwer es fällt. Der Gedanke an die Zukunft des Kindes ist wohl die beste Motivation. Führen Sie sich immer wieder Folgendes vor Augen: Wenn Sie es schaffen, in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft oder besser noch vor der Schwangerschaft aufzuhören, so verbessern Sie ganz entscheidend die Startbedingungen Ihres Kindes. Da auch Passivrauchen die Gesundheit ganz erheblich schädigt, sollten Sie außerdem darauf bestehen, dass Ihr Umfeld rauchfrei bleibt. Bitten Sie Ihren Partner, Ihre Familie, Freunde, Bekannte und Kollegen, Rücksicht auf Sie und Ihr Kind zu nehmen. Das gilt während der Schwangerschaft, aber auch nach der Geburt.

Rauchfrei bleiben

Etwa die Hälfte der Frauen, die es geschafft haben, während der Schwangerschaft auf Nikotin zu verzichten, wird nach der Geburt wieder rückfällig.

Tine hat kürzlich „1 Jahr rauchfrei“ gefeiert und ist fest entschlossen, Nichtraucherin zu bleiben. „Ich weiß, dass ich damit meinen kleinen Sohn schütze. Ich selbst fühle mich aber auch gesünder und deutlich frischer und bin natürlich auch stolz, es geschafft zu haben.“

Vielen ist wohl nicht bewusst, wie sehr sie damit ihrem Kind schaden. Denn Säuglinge und Kinder reagieren auf Tabakrauch und Nikotin sehr empfindlich. Frauen, die ihr Kind stillen, sollten auf keinen Fall zur Zigarette greifen, denn das Nikotin geht in hoher Dosis auch in die Muttermilch über und gefährdet die gesunde Entwicklung. Der Rat für alle, die es während der Stillzeit nicht ganz ohne Zigaretten schaffen: Halten Sie möglichst lange Rauchpausen vor jedem Stillen ein. Die Nikotinkonzentration in der Muttermilch nimmt nach einer einstündigen Rauchpause deutlich ab. Außerdem sollten Sie keinesfalls in der Nähe des Kindes rauchen. Wie gefährlich das Passivrauchen für Kinder ist, belegen unzählige Studien: Kinder aus Raucherhaushalten haben ein geschwächtes Abwehrsystem, sind häufiger krank und anfälliger für Infektionen der Atemwege und der Lunge.

Verbessern Sie die Startbedingungen Ihres Kindes.

Rauchfrei in der Schwangerschaft bedeutet

  • Das Risiko einer Fehlgeburt sinkt.
  • Das Risiko einer Frühgeburt vermindert sich um die Hälfte.
  • Das Baby hat eine größere Chance, normalgewichtig auf die Welt zu kommen.
  • Die Lungen des Kindes können sich bis zur Geburt vollständig entwickeln.
  • Das Risiko einer Totgeburt sinkt um ein Drittel.
  • Das Risiko von Infektionserkrankungen oder allergischen Reaktionen des Kindes sinkt.
  • Die Gefahr des plötzlichen Kinds todes (SIDS) nimmt ab.
  • Kinder aus Raucherhaushalten haben ein erhöhtes Risiko für:
  • akute Atemwegserkrankungen
  • Bronchitis und Lungenentzündungen
  • chronischen Husten
  • chronische Mittelohrentzündung
  • verminderte Lungenfunktion
  • asthmatische Erkrankungen
  • allergische Erkrankungen
  • Reizungen der Augen, der Nase und des Halses
  • Koliken
Anton Wilder