Entspannung für Haut und Seele

Permanente Anspannung kann uns im wahrsten Sinne des Wortes kribbelig machen. Die Haut beginnt zu spannen und zu jucken, bei Hautpatienten und Allergikern verstärken sich schubartig die Symptome. Ist ein gewisser Erschöpfungsgrad erreicht, werden wir insgesamt anfälliger für bestimmte Erkrankungen. Höchste Zeit, auf die Bremse zu treten und mit gezielten Entspannungsübungen dem Stress entgegenzuwirken.

Termindruck bei der Arbeit, anschließend schnell etwas einkaufen, die Kinderbetreuung regeln, zum Sport, abends noch wichtige Telefonate führen – und all das mit nur wenigen Ruhephasen. So ein vollgestopftes Tagespensum gehört heutzutage zum Alltag vieler Menschen. Die ständig geforderte Aufmerksamkeit und Aktivität, aber auch die Dichte an Informationen, die permanent auf uns einströmen und auch noch verarbeitet werden müssen, führen immer häufiger zu Dauerstress.

Die anhaltende psychische wie nervliche Belastung und der hohe Leistungsdruck können irgendwann in einer emotionalen Erschöpfung, einem Burn-out, also Ausgebranntsein, münden. Doch nicht nur das. Chronischer Stress wirkt sich nach und nach negativ auf den gesamten Organismus aus. Auch das Immunsystem reagiert. Viele Hautpatienten und Allergiker werden das aus eigener Erfahrung bestätigen können: In Stresssituationen fängt die Haut an zu jucken, es zeigen sich Quaddeln und Rötungen, Aknepickel sprießen, die Ekzeme der Neurodermitis blühen auf, der nächste Psoriasisschub kündigt sich an.

Psychoneuroimmunologie

Lange Zeit hat man die Fachrichtungen Psychologie, Neurologie und Immunologie völlig getrennt voneinander betrachtet. Doch seitdem man weiß, wie stark sich Psyche, Nervensystem und Immunsystem wechselseitig beeinflussen, versucht man zu verstehen, wie diese Bereiche im Einzelnen zusammenhängen. Das Forschungsgebiet, das sich damit beschäftigt, ist die Psychoneuroimmunologie. Hier wird u. a. untersucht, was sich zwischen den Körperzellen abspielt, wenn wir unter psychischem Stress stehen. Mittlerweile kennt man einige der Mechanismen, die dazu führen, dass Stress Entzündungen fördert, die Abwehrkräfte schwächt und im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut geht.

Physische Wirkung von Stress

  • Dauerstress lässt die Haut altern: Anhaltender Stress beschleunigt den Alterungsprozess in allen Geweben. Auch die Haut altert schneller. Die chronische Belastung beeinflusst die Regenerationsfähigkeit der Hautzellen. Folglich wird die Haut dünner, faltiger, zunehmend trocken und reagiert schneller auf Reizungen.

In einer Stresssituation gerät unser Nervensystem in Alarmbereitschaft und sorgt dafür, dass alle wichtigen Organe auf die Abwehr einer drohenden Gefahr vorbereitet werden. Die Nebenniere schüttet vermehrt bestimmte Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Der Schub an Adrenalin lässt Herzfrequenz und Blutdruck steigen, die Muskulatur wird besser durchblutet, die Atmung beschleunigt – beste Voraussetzungen für einen Angriff oder die Flucht. Gleichzeitig bringt Adrenalin das Immunsystem auf Trab, indem es dafür sorgt, dass in den Körperzellen die Produktion entzündungsfördernder Stoffe angeregt wird, um gegen potenzielle Krankheitserreger gewappnet zu sein. Der stressbedingte Anstieg des Cortisols aktiviert den Energiestoffwechsel. Auf das Immunsystem hat Cortisol hingegen eine dämpfende Wirkung, es hemmt mögliche Entzündungsreaktionen.

Ein erhöhter Pegel an Stresshormonen hat folglich Auswirkungen auf entzündliche und immunologisch bedingte Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Psoriasis. Sie werden verstärkt oder in Gang gesetzt. Wissenschaftler der Charité Berlin haben vor noch nicht allzu langer Zeit einen weiteren Zusammenhang zwischen Gehirn und Haut entdeckt. Sie fanden im Tierversuch heraus, dass in der Haut von Mäusen, die gestresst werden, eine deutlich erhöhte Zahl bestimmter Immunzellen zu finden ist, die bei entzündlichen Hauterkrankungen eine Rolle spielen.

Ganzheitliche Therapie

Bei der Gesprächstherapie soll der Patient mit Unterstützung des Therapeuten seine persönlichen Stressauslöser und -reaktionen analysieren, so dass Bewältigungsmöglichkeiten erarbeitet werden können.

Die Kenntnisse über die Zusammenhänge von Haut und Psyche legen nahe, dass bei der Behandlung vieler Hauterkrankungen nicht allein die körperlichen Symptome berücksichtigt werden dürfen. Um eine Erkrankung wie beispielsweise Neurodermitis in den Griff zu bekommen, muss herausgefunden werden, ob – und wenn ja, welche – psychische Faktoren eine Rolle spielen könnten. Dafür kann es sinnvoll sein, dass die Patienten neben der hautärztlichen Behandlung psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.

Eine psychologische Begleitung der Therapie ist für viele Hautpatienten noch aus einem weiteren Grund empfehlenswert. Es ist nicht nur so, dass psychische Probleme Hauterkrankungen auslösen bzw. verstärken können. Vielmehr gilt auch die Umkehrrichtung: Sehr häufig stellt die Hauterkrankung für den Betroffenen eine psychische Belastung dar. Sichtbare Hautveränderungen führen zu Verunsicherungen, anhaltender Juckreiz verhindert erholsamen Schlaf und Entspannung, so dass es noch schwerer wird, dem Alltagsdruck standzuhalten, und weiterer Stress vorprogrammiert ist. Eine Gesprächs- und Verhaltenstherapie kann dazu beitragen, dass sich das Pendel Hautprobleme – Stress – Hautprobleme nicht immer weiter hochschaukelt. Außerdem lassen sich Entspannungstechniken erlernen, die dabei helfen, innere Ruhe und mehr Gelassenheit im Alltag zu finden.

Stressmanagement bei Hauterkrankungen

Zu den bekanntesten Verfahren, die schon nach kurzem, regelmäßigem Training Stress entgegenwirken, gehören progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Meditation und Yoga.

Ein Entspannungstraining, auf das sich insbesondere Kinder gut einlassen können, sind Vorstellungsübungen und Fantasiereisen. Die Kinder oder auch erwachsenen Patienten sitzen oder liegen ganz entspannt und lauschen einer Geschichte, die sie an einen besonders angenehmen Ort führt, den sie sich möglichst lebendig und detailliert ausmalen: Man fühlt sich tatsächlich wie auf einer Blumenwiese am See oder an einer Strandbucht am Meer, hört das Zwitschern der Vögel oder das Rauschen der Wellen, spürt die Sonne und den Wind auf der Haut.

Die progressive Muskelentspannung beruht auf dem bewussten Wechselspiel von Anspannung und Entspannung der verschiedenen Muskelgruppen. Die Übungen werden in bequemer Haltung entweder im Sitzen oder im Liegen durchgeführt. Der Trainer gibt dabei vor, welche Muskelgruppen nacheinander für wenige Sekunden angespannt und anschließend wieder entspannt werden sollen. Beim autogenen Training soll die Entspannung durch Autosuggestion herbeigeführt werden. Das bedeutet, die Übungen zielen darauf, allein mit Hilfe der Vorstellungskraft körperliche Vorgänge zu beeinflussen. Am Anfang stehen Übungen, die das Gefühl von Körperschwere und -wärme erzeugen und den Atem regulieren. Dadurch wird das Empfinden für die Vorgänge des eigenen Körpers gestärkt. Typische Autosuggestionen lauten hier: „Die Arme sind schwer“, „Die Atmung geht ruhig und gleichmäßig.“ Der Patient liegt währenddessen entweder auf dem Boden oder nimmt eine lockere Sitzposition ein.

Die Augen sind geschlossen. Das autogene Training erfordert etwas Übung, damit der Zustand der Entspannung erreicht wird. Sehr aktive oder unruhige Patienten tun sich häufig mit der Autosuggestion schwer. Für sie ist die progressive Muskelentspannung möglicherweise besser geeignet. Auch die Kunst der Meditation will gelernt sein. Es erfordert einiges an Übung, still dazusitzen und die Gedanken fließen zu lassen, bis ein Zustand der inneren Leere erreicht und der Geist zur Ruhe gekommen ist. Es gibt verschiedene Meditationsformen, um diesen Bewusstseinszustand zu erreichen. So werden bei der Yoga-Lehre die rein meditativen Übungen durch bestimmte Atemübungen und Körperhaltungen unterstützt. Auch bei Yoga gibt es verschiedene Formen, bei denen die Körper- und Atemübungen unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Sie alle haben jedoch das Ziel, für eine tiefe Entspannung von Körper und Geist zu sorgen.

Es gibt noch viele weitere Entspannungsmethoden. Letztendlich muss jeder selbst herausfinden, was am besten geeignet ist, um zur inneren Ruhe zu finden. Das kann auch durch Musik, Massagen oder Bäder gelingen. Wichtig ist, dass man sich regelmäßig Zeit für die Entspannungsübungen nimmt. Das heilt nicht die Neurodermitis oder Psoriasis, aber die psychische Ausgeglichenheit trägt dazu bei, dass Krankheitsschübe seltener oder weniger stark auftreten, die Entzündungsanfälligkeit und der Juckreiz zurückgehen und der Patient selbstbewusster mit seiner Erkrankung umgehen kann.

Strategien zur Stressbewältigung

  • Probieren Sie verschiedene Entspannungstechniken aus, z. B. progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Meditation, Yoga. Wichtig ist, dass Ihnen das Training Spaß macht, da Sie es regelmäßig durchführen sollten, d. h. mindestens 3-mal pro Woche 15 Minuten.
  • Sport baut Stress ab. Versuchen Sie, regelmäßig Sport zu treiben.
  • Schaffen Sie sich Ruhepausen, die allein der Erholung dienen. Schalten Sie in dieser Zeit Handy und Computer aus und lassen Sie keine sonstige Ablenkung zu.
  • Erkennen und akzeptieren Sie Ihre eigenen Grenzen. Nehmen Sie bei Überbelastung Hilfe in Anspruch.
    Setzen Sie Prioritäten. Strukturieren Sie Ihren Tag und Ihr Arbeitsprogramm, überlegen Sie, was wichtig ist und was später oder von anderen erledigt werden kann.
  • Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf schöne Dinge und Erlebnisse und versuchen Sie, diese bewusst wahrzunehmen und zu genießen. Prägen Sie sich die Glücksmomente ein.
  • Gehen Sie mit Optimismus und Selbstvertrauen an Dinge heran. Auch Optimismus kann man lernen. Vertrauen Sie auf Ihre Fähigkeiten und Stärken und halten Sie sich vor Augen, was Sie schon alles erreicht haben.
Anton Wilder