Impfen – Schutz oder Risiko für Allergiker?

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut appelliert an alle Eltern, die empfohlenen Impfungen bei ihren Kindern durchführen zu lassen. Im Zweifelsfall sollte man den behandelnden Arzt gezielt auf die Risiken der verschiedenen Impfungen ansprechen und diese Risiken gegen die meist weitaus größeren Risiken, nicht geimpft zu sein, abwägen.

Viele Eltern, insbesondere Eltern chronisch kranker Kinder, machen sich die Entscheidung, ob sie ihre Kinder impfen lassen sollen, nicht leicht.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut rät ausdrücklich dazu, bei Säuglingen und Kleinkindern frühzeitig mit einer Grundimmunisierung zu beginnen und durch die gegebenenfalls notwendigen Auffrischimpfungen sicherzustellen, dass der Impfschutz erhalten bleibt. Da es in Deutschland jedoch keine Pflichtimpfungen gibt, ist es allein die Entscheidung der Eltern, ob sie ihre Kinder impfen lassen oder nicht. Und viele Eltern, insbesondere Eltern chronisch kranker Kinder, machen sich diese Entscheidung nicht leicht. Sollte man dem angeschlagenen Immunsystem des Kindes eine zusätzliche Belastung zumuten oder nicht?

  • Impfungen zählen zu den effektivsten und kostengünstigs ten Präventivmaßnahmen gegen Infektionskrankheiten. Geimpfte Personen sind vor einigen bedrohlichen Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Wundstarrkrampf (Tetanus), Diphtherie oder Kinderlähmung bestmöglich geschützt.
  • Durch die flächendeckende Durchführung der Pockenimpfung ist es sogar gelungen, den Erreger vollständig auszurotten. Pockenepidemien, die in den 1950er und 1960er Jahren in Europa noch zu Todesfällen geführt haben, gehören der Vergangenheit an.
  • Zum Schutz des Einzelnen und um weitere Krankheitserreger zu vernichten, werden Eltern ausdrücklich dazu aufgefordert, die empfohlenen Schutzimpfungen für ihre Kinder wahrzunehmen.

Unerwünschte Impfreaktionen

Grundsätzlich ist keine Impfung vollständig frei von möglichen Nebenwirkungen. Vor der Durchführung einer jeden Impfung wird Ihr Kinderarzt Sie deshalb über die Auswirkungen und Folgen der zu verhütenden Krankheit und den Nutzen der Impfung informieren. Dabei wird er Sie genau darüber aufklären, welche unerwünschten Arzneimittelwirkungen des Impfstoffes auftreten könnten und welche Impfkomplikationen möglich sind. Außerdem wird er den Gesundheitszustand des Impflings untersuchen, um auszuschließen, dass eine akute Erkrankung vorliegt. Im Krankheitsfall sollte frühestmöglich zwei Wochen nach der Genesung geimpft werden.

Art, Schwere und Häufigkeit der Nebenwirkungen sind abhängig vom jeweiligen Impfstoff. Schwere Nebenwirkungen nach einer Schutzimpfung werden nur selten beobachtet. Gelegentlich verursachen die Impfstoffe Lokalreaktionen an der Injektionsstelle. Dort kann es zu Rötungen und Schwellungen kommen. Mitunter treten auch ein allgemeines Krankheitsgefühl oder leichtes Fieber auf, beides ist aber nur von kurzer Dauer und klingt ohne Komplikationen ab.

Impfen und Allergien

Schwere Nebenwirkungen und Impfkomplikationen sind, nach Angaben des Robert Koch-Instituts, äußerst selten. Sie treten vor allem in Folge von Überempfindlichkeitsreaktionen auf die Begleitstoffe des Impfstoffes auf. Überempfindlichkeitsreaktionen spielen ins besondere nach Wiederholungsimpfungen eine Rolle, so zum Beispiel nach wiederholten Diphtherie- oder Tetanus-Impfungen. Allergische Reaktionen auf die in den Impfstoffen enthaltenen Hilfsstoffe, die zur Stabilisierung und Konservierung dienen, treten nur sehr vereinzelt auf. Bei bekannter Allergie gegen einen solchen Hilfsstoff, beispielsweise gegen das Breitband-Antibiotikum Neomycin oder Gelatine, sollte von einer Impfung Abstand genommen werden.

Bis vor einigen Jahren war auch eine vorliegende Allergie gegen Hühnereiweiß noch ein Grund, nicht zu impfen. Denn früher wurden viele Impfviren auf Hühnereiern gezüchtet, so dass der Impfstoff Bestandteile von Hühnereiweiß enthielt. Heute besteht für Hühnereiweißallergiker bei den meisten Impfungen kein erhöhtes Risiko mehr, da man sich, wenn möglich, anderer Herstellungsverfahren bedient. Lediglich bei der Grippe- und Gelbfieber-Impfung enthalten die Impfstoffe noch Restmengen an Hühnereiweiß, so dass bei diagnostizierter Hühnereiweißallergie die Notwendigkeit einer Impfung genau geprüft werden muss und nach der Impfung eine strenge Überwachung erforderlich ist.

Aufgrund der sehr selten auftretenden allergischen Reaktionen sprechen sich die meisten Experten dafür aus, auch Kinder mit Allergien nach dem von der STIKO empfohlenen Impfkalender zu impfen. Allerdings wird man während eines aktuellen Allergieschubs nicht impfen, sondern die Krankheitsphase abwarten, um das Immunsystem nicht zusätzlich zu belasten.

Impfen und chronische Erkrankungen

Die Eliminierung der Masern ist ein erklärtes Ziel der deutschen Gesundheitspolitik. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts würde dies gelingen, wenn über 95 Prozent der Kinder gegen Masern geimpft würden.

Auch für Kinder mit Neurodermitis oder Asthma bronchiale ist der umfassende Impfschutz im Allgemeinen sinnvoll, aber natürlich müssen auch hier im Einzelfall Nutzen und Risiko der jeweiligen Impfung abgewogen werden. Manche Kinderkrankheiten können bei Menschen, deren Immunsystem sowieso schon geschwächt ist – und dies ist bei Kindern mit Neurodermitis, Asthma bronchiale und auch Allergien der Fall – sehr viel heftiger ausfallen und schwerwiegendere Auswirkungen haben als bei anderen Kindern. So ist beispielsweise die Keuchhusten- und Grippeimpfung bei Kindern mit asthmatischen Beschwerden angebracht, da beide Erkrankungen die Bronchien und Lungen schädigen können.

Bei Kindern mit Neurodermitis verläuft häufig die Windpockenerkrankung besonders heftig, so dass bei ihnen eine Windpockenimpfung angezeigt ist. Neben den Befürwortern eines umfassenden Impfschutzes für alle Kinder, einschließlich der Kinder mit Neurodermitis, Asthma oder Allergien, gibt es jedoch auch Impfkritiker. Sie sehen unter anderem einen Zusammenhang zwischen Impfungen und der Auslösung von Neurodermitis, Asthma oder Allergien. Sie empfehlen, insbesondere auf Kombinationsimpfungen, bei denen mehrere Impfstoffe gleichzeitig injiziert werden, zu verzichten, da durch eine solche Impfung das Immunsystem möglicherweise überfordert wird. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts liegen jedoch keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass „eventuell zeitgleich mit der Impfung auftretende Krankheitsschübe ursächlich durch eine Impfung bedingt sein können“.

Eltern chronisch kranker Kinder sollten auf jeden Fall unter Berücksichtigung des aktuellen Gesundheitszustandes des Kindes gemeinsam mit dem Kinderarzt das Für und Wider einer Impfung besprechen und gegebenenfalls auch noch eine Zweitmeinung einholen.

Anton Wilder